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Solling-Vogler-Region – Wandermagazin 215

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Autor Jarle Sänger entdeckt ein Meer von Grün, einen Hauch von Skandinavien, ein Märchen von Landschaft im Herzen des Weserberglands

REGIOPANORAMA

REGIOPANORAMA SOLLING-VOGLER-REGION SCHWÄBISCHE ALB HEIMAT VON MENSCHEN, GESCHICHTEN & TRADITIONEN IM AUENLAND Es ist faszinierend, wie facettenreich sich die Solling-Vogler-Region wandeln kann. So zum Beispiel auf der 7,8 km langen Qualitätstour Wilde Burschen, deren erste Hälfte geprägt ist von einer stillen, aber stets zivilisationsnahen und offenen Hügellandschaft mit üppigen Weiden und duftenden Wiesen. Sorgenfrei grasende Rehe in der Ferne und hektisch davonhoppelnde Hasen sind keine selteoben: Abendlicher Ausblick vom Ebersnackenturm über das wilde Hügelland des Voglers © Solling-Vogler-Region, Jörg Mitzkat Der „Echt!“-Präsentkorb kann online bestellt werden © Solling-Vogler-Region nen Begegnungen im Grasland über Lauenberg. In etlichen Wellen, Schwingen, Beugen, Hügeln und Buckeln erinnert das grüne Tal des Kolgenhagengrabens mit seinen zahlreichen Gewändern ein bisschen an das Auenland aus Tolkiens Herr der Ringe, dessen Stille nur durch das unermüdliche, ferne Krähen eines Hahns unterbrochen wird. Sein Schrei schallt aus dem heimeligen Dorf der Menschen im Tal mitten hinein in das wilde Reich der Natur, wo sich zwei so unterschiedliche Lebensräume für einen Moment akustisch miteinander vereinen. Wandern mit allen Sinnen. CHARME DER VERGANGENHEIT Schön sind sie gleichermaßen, diese gegensätzlichen Lebensräume der Solling-Vogler-Region. Vor allem dort, wo der Mensch über Jahrhunderte hinweg prachtvolle Bauwerke hinterlassen hat. Zum Beispiel das Weserrenaissanceschloss in Bevern, Schloss Fürstenberg oder die Klosterkirche Lippoldsberg im hessischen Wesertal. Allesamt zeugen sie von der wechselhaften Geschichte der Region, die etliche Jahrhunderte in die Vergangenheit zurückreicht. Auch Uslar ist neben Bodenwerder, Eschershausen, Dassel oder Holzminden so ein Ort mit ganz besonders historischem Charme. Grund dafür ist der wunderschöne Stadtkern, sind die schiefen Fachwerkhäuschen und kleinen Sträßchen, in denen die Menschen lebhaft ihrem Alltag nachgehen. Uslar, das ist auch die Wahlheimat von Matthias Kreiter, der aus Osterode im Harz in den Solling zog, um in der Privatbrauerei Bergbräu als leitender Brauer einem der traditionsreichsten Handwerke in Deutschland nachzugehen. Auch wenn die Bierherstellung heute nicht mehr viel mit jener zu Zeiten der Brauereigründung im Jahr 1868 zu tun habe, meint der 33-jährige 16 WANDERMAGAZIN Sommer 2022

echts oben: Frank Meyer, Landwirt rechts unten: Matthias Kreiter, Brauer Beide Fotos: © Jarle Sänger Braukünstler, der daraufhin voller Leidenschaft und Hingabe ein Loblied auf die kleinen, aber feinen Unterschiede einzelner Malzsorten sowie die individuellen Kniffe der Brauprozesse zum Besten gibt. „Dein Bier von hier“, so lautet der Slogan des Uslarer Betriebes, das den urigen Charakter einer kleinen Brauerei unterstreicht, in der Vieles noch von Hand geht. So gehört das Bergbräu wie mehr als 70, oftmals familiengeführte Betriebe zur Regionalmarke „Echt!“ und verpflichtet sich unter anderem zur Verwendung von regionalen Rohstoffen, verantwortungsbewusstem Umgang mit hiesigen Ressourcen, der Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe sowie der Identifikation mit den Menschen der Region und ihrer Heimat. Logisch, dass die meisten „Echt!“-Produkte wie beispielsweise Wurst- und Backwaren, Pesto, Öle oder Getränke bei regionalen Gastgebern sowie in kleinen Hofläden in der ganzen Region zu finden sind. Infos: www.echt-solling-vogler-region.de NACHHALTIGKEIT ZUM ANFASSEN Wie regionale Authentizität, Identität und Nachhaltigkeit unter der Regionalmarke „Echt!“ gelebt werden, weiß auch Frank Meyer aus Holzminden. Der 57-jährige Landwirt im Nebenerwerb züchtet und begleitet eine Herde ganz besonderer Tiere: das Rote Höhenvieh. Um 1985 nur knapp dem Aussterben entgangen, gilt die seltene Hausrindrasse als besonders robust und eignet sich dadurch für die ganzjährige, extensive Weidehaltung des gelernten Bankbetriebswirts, für den industriell hergestelltes Futter, Pestizide oder Dünger absolute Fremdwörter sind. Angefangen habe alles mit „Röschen“, seiner ersten Kuh. Das war 2004, mittlerweile ist auf seinen Wiesen im Hochsolling eine stattliche Herde von Nutztieren zu finden, die ausschließlich auf die Herstellung von hochwertigen, hundertprozentig regionalen Fleischerzeugnissen zielt. Die Milch der Mutterkühe bleibt einzig und allein dem Nachwuchs vorbehalten. Meyers Philosophie: Verwertet wird alles, „from nose to tail“. Kein Teil des Tieres solle verschwendet werden, „das ist Nachhaltigkeit zum Anfassen“, sagt er stolz. Angesprochen auf das, was Heimat für ihn bedeute, beginnt die Stimme des großgewachsenen Landwirts zu zittern. Ein, zwei Mal reibt er seine feuchten Augen, dann findet er eine Antwort: „Teil von etwas zu sein, einen Beitrag zu leisten und die Vielfältigkeit des Sollings erleben zu dürfen.“ Es ist der Moment, in dem klar wird, dass die Solling-Vogler-Region etwas ganze Besonderes ist. Die windigen Höhen, schattigen Wälder und grünen Täler rund um Solling und Vogler, sie sind Schmelztiegel einer ganzen Region. Einer Region, in der Mensch und Natur achtsam und respektvoll miteinander umgehen, um zu schützen und zu wahren, was einzigartig ist: das Gefühl von Heimat. oben: Ein seltener Anblick in Deutschland: Das Rote Höhenvieh © Naturpark Solling-Vogler www.wandermagazin.de 17