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Siegerland-Wittgenstein – Waldmeer & QuellenReich

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Waldmeer & QuellenReich. 32 Seiten voller Naturplätze & Kulturschätze in Siegen-Wittgenstein

Prachtbauten

Prachtbauten Traditionell beeindruckend Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Berleburg, 48 Jahre „Wald ist Erholung, Inspiration und Einnahmequelle. Auf rund 4.000 Hektar Waldfläche wird wissenschaftliche Forschung betrieben. Dabei gehen Wissenschaftler der Frage nach, wie sich der Wald durch verschiedene Bewirtschaftungsformen in den kommenden Jahren verändert .“ Gustav Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Berleburg, Oberhaupt des Fürstenhauses zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg und Hausherr der Dreiflügelanlage von Schloss Berleburg, erklärt mir geduldig, wie man den Kopfschmuck eines Zehnenders von einem Vierzehnender unterscheidet und die Enden von Augsprosse, Eissprosse, Mittelsprosse bis zur Krone zählt. Der holzvertäfelte Raum mit den Trophäen in der Wittgenstein-Berleburgischen Rentkammer ist ein Anbau aus dem 17. Jh. an den ältesten Teil (13. Jh.), den rechten Flügel der Schlossanlage mit den drei Türmen. Vermutet man hier in der beschaulichen Residenzstadt im Wittgensteiner Land, den Stammsitz einer jahrhundertealten Familie des europäischen Hochadels? Schlösser, Kirchen, Glaubensfragen Die Wittgensteiner haben auch in Bad Laasphe eine gewaltige Schlossanlage gebaut. Auf einem 470 m hohen Berg über dem Lahntal thront Schloss Wittgenstein, eine Dreiflügelanlage, deren Grundmauern in das 13. Jh. zurückreichen. Bad Laasphe, jahrhundertelang Residenzstadt derer von Sayn-Wittgenstein- Hohenstein, atmet noch heute den Charme eines kleinstädtischen Zentrums aus. Eindrucksvoll sind auch die evangelischen Kirchen des Wittgensteiner Landes. Sie wirken wuchtig und sind dennoch schlicht gehalten. Die spätromanische Hallenkirche in Raumland, hier war die Urpfarrei der Region angesiedelt, ist ein besonders gelungenes Beispiel. Das Innere der Hallenkirche besteht aus drei gleich hohen, mit kuppelförmigen Gratgewölben abgeschlossenen Schiffen. Sehenswert ist auch die Bad Laaspher Kirche. An die zweijochige Saalkirche 22

des frühen 13. Jh. wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jh. ein dreijochiges Schiff mit polygonalem Chor angebaut. Typisch für viele Kirchen des Wittgensteiner Landes ist der Knickhelm des Kirchturms. Die halbkugelförmige Haube als Abschluss der Laaspher Kirche ist das Tüpfelchen auf dem „I“. Mitte des 16. Jh. hielt der evangelische Glaube Einzug. 1555 erhielt das Land eine neue Kirchenordnung, die das christliche Leben auf die Heilige Schrift und die Augsburgische Konfession, die reichsrechtliche Absicherung der Reformation, verpflichtete. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als die Wittgensteiner Grafschaften wegen ihrer religiösen Toleranz weit über ihre Grenzen hinaus bekannt wurden, siedelten sich in Schwarzenau Glaubensflüchtlinge aus Süddeutschland, der Schweiz und Frankreich an. Das dortige Alexander-Mack-Museum ist dem Leben des Pietisten Alexander Mack gewidmet, der im Jahr 1708 mit einer spektakulären Taufe in der Eder eine freikirchliche Bewegung ins Leben rief, die heute als „Kirche der Brüder“ zu den ältesten Kirchen mit freikirchlicher Tradition zählt. Im Wittgensteiner Land durften sich unter dem Laaspher Grafen Henrich Albrecht zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (1658 bis 1723) viele religiös und politisch verfolgte Menschen ansiedeln. Vom Schiefer zum Holz Raumländer-Schiefer und der Holzreichtum der Wittgensteiner Wälder haben die regionale Architektur maßgeblich beeinflusst. So besteht die gesamte Dacheindeckung des Berleburger Schlosses aus Schiefer. Die ewige Baustelle der knapp 5 Hektar großen Schlossanlage, so Gustav Prinz Sayn-Wittgenstein-Berleburg, verschlinge jährlich mehr als 250.000 Euro. „Diese Kosten, den Lebensunterhalt der rund zehnköpfigen Familie, der gut 60 Angestellten sowie von aktuell acht Hunden, finanzieren wir ausschließlich mit unseren Wäldern.“ Holz prägt auch die Architektur des Siegerlandes. Die jahrhundertealte Siegerländer Fachwerkhaus-Tradition lässt sich an den Jahreszahlen, Sinnsprüchen bzw. Hausinschriften über Eingangstüren und auf den Geschossbalken ablesen. Diese Inschriften informieren z. B. über das Alter der Bauten, die Namen der Hausherren und Zimmermeister. Viele Inschriften zitieren Psalmen aus der Bibel oder dem Kirchengesangsbuch. Meist waren die Motive der Bauherren religiöser Natur. Einige informieren über Zerstörung und Erneuerung. Manchmal klingt sogar die künftige Zweckbestimmung des Gebäudes an wie in Dillnhütten und Krombach. Ein Bauherr in Grissenbach textete über seine Feinde, dass er sie liebe „wie das Regenwasser, so von den Dächern fleusst“. Der älteste erhaltene Hausspruch stammt von 1608 und schmückt das Oberholzklauer Pfarrhaus. Zu den ältesten erhaltenen Sprüchen gehört auch die Inschrift über dem Fachwerkhaus in Siegen-Trupbach in der Birlenbacher Straße vom 17. 5. 1611: „Der Herr schafe das Weib, das in Dein Haus komt. Wie Rael und Lea. Dadurch ist das Haus Gotes. Ist erbawet Worte“. Den ultimativen Fachwerkhöhepunkt des Siegerlandes kann man dann in der Altstadt von Freudenberg bestaunen. Der „Alte Flecken“, Freudenbergs historisches Zentrum, wurde nach einem zweiten verheeren- Prachtbauten im Siegerland Über zwei Schlösser verfügt Siegen: Das Obere Schloss geht auf eine mittelalterliche Höhenburg zurück und stammt aus dem 13. Jh. Das Untere Schloss, ursprünglich ein Franziskanerkloster, wurde im 17. Jh. zur Residenz der protestantischen Linie des Hauses Nassau-Siegen. Dazwischen erhebt sich der 53 m hohe Turm der Nikolaikirche mit dem hexagonalen Kirchenschiff und dem berühmten Krönchen auf der Turmspitze. Herausragend ist auch die Wasserburg Hainchen im gleichnamigen Ortsteil von Netphen aus dem Jahre 1290. den Stadtbrand 1666 im einheitlichen Stil wiederaufgebaut. Übrigens erließ die nassau-oranische Landesregierung in Siegen 1790 eine Bauverordnung, die den übermäßigen Holzverbrauch mit dem Hinweis auf „das konstruktiv notwendige Maß ...“ einschränkte. Daher erkennt das geschulte Auge auf Anhieb, ob man vor einem Fachwerkhaus alter Prägung mit Schmuck- und Ziergebälk oder einem Gebäude mit minimalistischer Holzkonstruktion, gebaut nach 1790, steht. Drum merke, nicht jeder Prachtbau beeindruckt durch Höhe oder Größe. oben links: Schloss Berleburg Foto: Achim Meurer Mitte: Das Obere Schloss in Siegen Foto: Klaus-Peter Kappest rechts: Szene aus der historischen Altstadt von Freudenberg Foto: Michael Sänger 23