Frisch auf den Tisch So schmeckt Heimat Christian Klein-Wagner, 45 Jahre, Inhaber und Koch vom Gasthaus Klein in Netphen-Deuz „Aus alten Einkaufslisten und Haushaltsbüchern habe ich das Wissen, was man früher gekocht und gegessen hat. Dann schaue ich in die Landschaft. Was blüht, was wächst, knüpfe Kontakte zu Landwirten, Metzgereien, Mühlen oder Brennereien. Altes modern interpretiert, das ist hohe Kochkunst!“ „Selbst essen macht dick!“ Christian Klein-Wagner, Chefkoch im wunderschönen Fachwerkhaus des Siegerländer Traditionsgasthauses Klein, prustet vor Lachen. Ich hatte ihn gefragt, was denn passiert, wenn eines seiner fantasievollen Frischegerichte nicht den gewünschten Absatz finden würde. Der Mann sprüht vor Freude, streicht sich über die weiße Kochschürze mit einem gestickten, roten Westfalenpferd auf dem rechten Ärmel. „Wissen Sie, ich stamme von hier, mir macht es Spaß, gewachsene Tradition, überliefertes Wissen und Kochkunst mit regionalem Selbstbewusstsein zu kombinieren.“ Den gebürtigen Wittgensteiner live zu erleben, in der Küche im 1768 auf den Grundmauern des Vorgängergasthauses wieder aufgebauten Fachwerkhauses im kleinen Deuz, ist ein Erlebnis. Unterstützt von Ehefrau Corinna, ebenfalls ein Kind des Wittgensteiner Landes, und bis zu acht Servicekräften haben die Beiden in den letzten 18 Jahren einen kleinen, aber feinen kulinarischen Genusstempel geschaffen. Die Welt da draußen – die Heimat hier Für Christian Klein-Wagner war schon im zarten Alter von 15 Jahren klar: „Ich werde Koch.“ Sicher hat ihn die 300-jährige Landwirtschaftstradition seiner Familie in Bernshausen geprägt. Andererseits weckten die kinderlose Großtante und ihr Mann die Lust an der Gastgeberrolle. Erstaunlich genug, im Gasthaus Klein, vor den Toren der großen Kreisstadt Siegen, wird seit nunmehr 14 Generationen der Gast verwöhnt. „Weil ich weiß, wo ich herkomme und wo ich hinwollte“, so erklärt mir der Wahlsiegerländer, „führten Corinna und ich unsere für Köche und 20
Restaurant- bzw. Hotelfachkräfte übliche Gesellentour übers Land nahezu ausnahmslos zu familiengeführten, in ihrer Region fest verwurzelten Betrieben.“ Zum Koch ausgebildet wurde der Vater einer Tochter im renommierten Landhotel Doerr in Feudingen, einem Ortsteil von Bad Laasphe im Wittgensteiner Land. Früh reifte im Ehepaar Klein-Wagner der Wunsch, die Wertschätzung für die Besonderheiten der Region Siegen-Wittgenstein, die faszinierende Geschichte des Gasthauses Klein in dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus mit dem Geschmackserlebnis der Region zu kombinieren. So ist es ein beeindruckendes Erlebnis, seinen kulinarischen Reisen von der Welt da draußen in die Heimat hier zu folgen. Bis heute ist die einstige Umspannstation für die Zugtiere von Fuhrwerken, die über den Rothaarkamm oder über die Haincher Höhe Richtung Dillenburg zogen, ein Treffpunkt für die Dorfbewohner geblieben. Die urgemütliche Schankstube ist ein Ort der Behaglichkeit. Aus der geschäftigen Groß- und Universitätsstadt Siegen kommen viele Gäste, und begeben sich bei hausgepresstem Quitten- oder Apfelsaft, saisonalen Produkten und Zutaten regionaler Produzenten, zubereitet mit modernen Gar- und Kochverfahren und orientiert an alten Rezepten auf die Suche nach den Wurzeln des regionalen Geschmacks. Rubens und Landluft Der südöstliche Zipfel Südwestfalens hat, wie viele andere Regionen in Deutschland auch, seine kulinarische Entwicklung aus den klimatischen und wirtschaftlichen Umständen genommen. Die Kartoffel war elementares Nahrungsmittel, das Gemüse, die Kräuter und Salate stammten aus heimischen Gärten, das Bier und das saubere Wasser von hier. Angeregt durch den Kreis wurde vor Jahren eine Kooperation zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Gastronomen und den Landwirten der Region aus der Taufe gehoben. „Zwischen Rubens und Landluft“ heißt die Initiative, die regionale Produkte für saisonale Gerichte auf die Speisenkarten bringt. Wildkräuter wie Giersch oder Spitzwegerich, Brennesseln oder Löwenzahn finden heute genauso Regional genießen Eine ausführliche Liste aller Teilnehmer der Regionalen Genussinitiative „Zwischen Rubens und Landluft“ kann man bei der Homepage des TVSW abrufen. Das gilt auch für die umfangreiche Liste der Direktvermarkter im Siegerland und Wittgensteiner Land und für die Backestermine und die Termine der im Wittgensteiner Land so berühmten Kartoffelbratfeste. www.siegerland-wittgenstein.com selbstverständlich Einzug in die regionale Küche wie Fleisch vom Siegerländer Rotvieh, Senf aus bäuerlicher Herstellung, frischer Ziegen-, Kuh- oder Schafskäse, fangfrische Forellen, erntefrisches Gemüse, Salat, echtes Siegerländer Schwarzoder Schanzenbrot, hochprozentige Edelbrände und natürlich heimische Biere. In Krombach hat mit der gleichnamigen Brauerei ein Global Player seinen Sitz. Daneben gibt es regionale Brauereien wie die Brauerei Bosch in Siegen. Mehr und mehr Hofläden, u.a. von Biobauernhöfen wie dem Birkenhof in Wilnsdorf, dem Hof Maustal in Netphen oder dem Hof Heckhausen in Freudenberg, bieten erntefrische Produkte aus eigener Herstellung zum Direktkauf. Durch einen der weltbesten Chocolatiers, Markus Podzimek, erhielt eine der berühmtesten Persönlichkeiten des Siegerlandes, Peter Paul Rubens, posthum ein kulinarisches Denkmal – die Rubenskugel. In seinem Café dasnaschwerk in Siegen bietet der Schokoladenzauberer köstliche Pralinen, Torten und andere süße Verführungen im gemütlichen Ambiente. Exzellente Küche auf der Geschmacksreise zu den Wurzeln der Heimat mit einer Prise Tradition und modernen Interpretationen gibt es u. a. auch im Landhotel Doerr in Feudingen, im Relais & Châteaux Hotel Jagdhof Glashütte im gleichnamigen Ortsteil von Bad Laasphe, im Hotel-Restaurant „Alte Schule“ in Bad Berleburg oder in der Pfeffermühle in Siegen. Appetitanreger: Einblicke in die Küchenkunst von Christian Klein-Wagner Fotos: Achim Meurer 21
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