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Erzgebirge – Wandermagazin 215

Erzgebirge Wandern im UNESCO-Welterbe – Wandermagazin-Chefredakteur Thorsten Hoyer geht Schritt für Schritt durch eine Wanderwelt voller Geschichten und Geschichte – nicht nur auf dem Kammweg.

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REGIOPANORAMA ERZGEBIRGE SCHWÄBISCHE WANDERN ALB IM UNESCO-WELTERBE WELTERBE MIT WEITBLICK Mit der Entdeckung bedeutender Kobalterzvorkommen in den hiesigen Bergwerken entwickelte sich die Bergbaulandschaft Schneeberg zum europaweit wichtigsten Zentrum für Gewinnung und Verarbeitung des begehrten und teuer gehandelten Kobalts. Geschichte und Geschichten rund um Stadt, Land und insbesondere den Bergbau erzählt und zeigt Stephan Tabel anschaulich und spannend im Siebenschlehener Pochwerk. oben: Auf dem Panoramaweg Schneeberg © TVE, Uwe Meinhold unten: Museum Schneeberg, Bortenreuther Haus © TVE, Uwe Meinhold Inmitten einer hügelig-geschwungenen Wald- und Wiesenlandschaft liegen die Häuser von Schneeberg, dessen Gründung mit dem im Jahr 1470 beginnenden Silberabbau einhergeht. Als neben Silber in großen Mengen auch Kobalt abgebaut wurde, war das die sprichwörtliche Goldgrube, was sich in den prächtige Bauten der Stadt Schneeberg bis heute zeigt. Besonders großzügig ging man bei der Errichtung der weithin sichtbaren St.-Wolfgangs-Kirche ans Werk, die aufgrund ihrer monumentalen Größe auch als Bergmannsdom bezeichnet wird. IM POCHWERK In direkter Nachbarschaft zu Schneeberg befindet sich in einem Wiesengrund am Ufer des Schlemabaches das Pochwerk, das nach der nahegelegenen Silber- und Kobaltfundgrube Siebenschlehen benannt wurde. Nicht ein einzelnes Gebäude empfängt die Besucher, sondern gleich ein Ensemble historischer Bauten aus den Jahren 1752 und 1753. Allem voran steht der 38-jährige Stephan Tabel, der seit 2013 die Besucher durch das Technische Museum führt. Für ihn, wie für die meisten anderen hier, ist das Arbeiten unter Tage etwas, das man aus Erzählungen kennt oder über das man gelesen hat. Inzwischen muss man in den Familiengeschichten schon etwas zurückblättern sein Urgroßvater war Bergmann. Als die Erträge schrumpften und die Bergwerke nicht mehr wirtschaftlich arbeiten konnten, standen in den hiesigen Bergbaubetrieben irgendwann die letzten Schichten an. In der Grube Siebenschlehen war das im Jahr 1929. Und dennoch war die Bergbaugeschichte damit nicht zu Ende. Bis heute lebt sie in ihren Traditionen fort und ist für die Menschen Teil ihrer Heimat. Für Stephan Tabel ist es Leidenschaft und er fand seine Berufung als Leiter des Technischen Museums Siebenschlehener Pochwerk. „Solche Pochwerke waren für die Gewinnung des begehrten Kobalts unerlässlich, denn erst durch die mit Wasserkraft betrie- 10 WANDERMAGAZIN Sommer 2022

Siebenschlehener Pochwerk © TVE, Uwe Meinhold Tourentipp Panoramaweg Schneeberg Rundtour • Länge: 22,6 km • Dauer: 6,5 Std. Höhenmeter: p 436 m q 396 m • Schwierigkeit: Start/Ziel: Rathaus Schneeberg • An- und Abreise: PKW/ÖPNV: Mark 1, 08289 Schneeberg;/ Bahnhof Aue-Bad Schlema, Busverbindungen nach Schneeberg (Fahrzeit 16 Min.) Stephan Tabel, Leiter Technisches Museum Siebenschlehener Pochwerk in Schneeberg © Thorsten Hoyer benen Pochstempel konnten Gestein und Erz „gepocht“, also voneinander getrennt, werden“, erklärt er beim Betrachten der Wasserläufe und greift nach ein paar Steintrümmern, die bis vor kurzem noch ein Stück Fels waren. Für Pochwerke wie für den gesamten Bergbau war die sichere Versorgung mit Wasser unabdingbar, wodurch die Bergbaulandschaften auch immer von Teichen und Seen geprägt sind. Ein Beispiel hierfür ist der nahegelegene Filzteich, der im 15. Jh. angelegt wurde und damit die zweitälteste Talsperre Sachsens ist. Als beliebtes Naherholungsgebiet erfüllt der Filzteich auch heute noch einen wichtigen Zweck. Inmitten der Altstadt von Schneeberg startet der Panoramaweg am historischen Rathaus und führt zum Wahrzeichen der Stadt, der „Bergmannsdom“ genannten St.-Wolfgang-Kirche. Mit Überqueren des Flüsschens Schlema steht der kräftigste Anstieg der Wanderung hinauf zum Köhlerturm auf dem Gleesberg an. Weiter geht’s durch ein Waldgebiet zum Förderturm des ehemaligen Türkschachtes. Anschließend führt der Weg zwischen den zusammengewachsenen Ortsteilen Neustädtel und Wolfgangmaßen zum Strandbad des Filzteichs. Jetzt wandert man durch eine Offenlandschaft ins Dorf Lindenau, dem sich Forstteich und Stockteich anschließen. Ein kleines Moorgebiet mit dem Roßner Teich wird passiert, um dem Weg in den Ortsteil Griesbach zu folgen. Am Ziegelteich vorbei wandert man zum Bismarckturm auf dem Keilberg, ehe es durch den Stadtpark zurück zum Rathaus geht. BEI COOLEN LEUTEN Er legt die Steine zurück und beginnt zu erzählen: „Silber und Kobalt sehen im Stein sehr ähnlich aus, vor allem bei der Dunkelheit unter Tage ist kaum ein Unterschied zu erkennen. In der Annahme, dass sie wie gewohnt Silber abbauten, hielten die Bergleute irgendwann aber Kobalt in den Händen, das ihnen unbekannt war. Bei der Weiterverarbeitung merkten sie, dass etwas nicht stimmte und glaubten, die Berggeister Nickel und Kobold gestört zu haben. Diese Silberräuber fressen Silber und hinterlassen wertloses Gestein. In der Schneeberger Kirche baten die Menschen darum, dass das Silber doch wieder erscheinen möge. Sie hatten wertvolles Kobalt und wussten nichts damit anzufangen.“ Stephan Tabel zeigt Weitblick, indem er das Pochwerk öffnet und Studierenden der Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg eine künstlerische Heimat gibt, denn ein paar Studierende haben sich entschlossen, in der Region zu leben und zu arbeiten. „Wir sind ‘ne geile Region mit coolen Leuten“, bringt er es auf den Punkt. www.wandermagazin.de 11