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Die Rhön – Wandermagazin 204

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Die Rhön – offen, wild, gelassen. Aus rau und schön wird Rhön – das Mittelgebirge im Dreiländereck von Hessen, Bayern und Thüringen eröffnet wie kein anderes weite Blicke. Eine Entdeckungsreise zu Urwald und Basaltprismen, Begegnungen mit einem Bierbrauer und dem Häuptling Backender Bär, eine Übernachtung im Sternenwagen und ein Bad im Wald. Hier ist für alles Zeit!

REGIOPANORAMA RHÖN

REGIOPANORAMA RHÖN Christoph Gensler alias Backender Bär mit Indianer im Arm REBELL IM EIBENWALD Nicht weit von der Bernhäuser Kutte entfernt liegt ein besonderer Wald, der Eibenwald, in dem einst der berühmte Rhönpaulus seinen Unterschlupf hatte. Dieser Robin Hood der Rhön aus dem 18. Jh. lebte in einer Höhle im Wald und bestahl angeblich niemals die Armen. Im Ibengarten bei Dermbach verläuft der 7 km lange Erlebnisweg Rhönpaulus in einem der größten Eibenwälder Deutschlands mit über 800 Jahre alten Eiben. Durch Magerrasen voller Orchideen und durch den Eibenwald führt der Weg bis zur Rhönpaulushöhle. Besonders für Kinder eignet sich dieser Weg, ebenso wie meine heutige Schlafstätte, das Indianer Hotel in Poppenhausen. POSITIVE ENERGIE Als ich das Indianer Hotel erreiche, setzt sich dessen ‚Häuptling‘ Christoph Gensler erstmal mit mir in die Sonne und fragt, warum ich denn hier sei? „Weil ich ein Abenteuer erleben möchte“, antworte ich. „Das bekommen wir hin!“ Aber erstmal hat Christoph Gensler Zeit und Ruhe und erzählt mir über sein Indianer Hotel. Positive Energie sei ihm das wichtigste an diesem Ort. Neben dem Indianer Hotel ist er Bio-Bauer und Bäcker mit Erlebnisbäckerei. Daher auch sein Indianer Name „Backender Bär“. Nachdem wir gemütlich geplaudert haben, machen wir uns auf zu den zwölf Tipis, die weitläufig auf einer großen Wiese unterhalb des Hof verteilt sind. FEUERZEREMONIE UND FEUERZAUBER Als ich zum Abendessen nach Poppenhausen aufbrechen will, ruft mir Christoph Gensler von seinem Traktor aus zu: „Hast du Lust auf ein paar Würstchen? Dann kannst du hier was essen.“ Er kommt mit einem Bollerwagen zu meinem Tipi, aber ohne Würstchen. „Wenn du was essen willst, müssen wir erstmal Feuer machen.“ Wir ziehen los und gehen Holz hacken. Eine kurze Erklärung und dann drückt er mir die Axt in die Hand. „Aber bitte nicht meine Finger abhacken.“ Fest und zielgenau versuche ich, die Mitte des Astes zu treffen. Das klappt gut und macht sogar Spaß. Mit einer Metallspange, einem Feuerstein, Zunder und Birkenrinde bringt er mir bei, wie ich Feuer mache. Nach einigen Versuchen fliegen die Funken und der Zunder beginnt zu glimmen. Ich puste kräftig und das Feuer brennt! „So und jetzt bist du der Feuermeister und musst dich um das Feuer kümmern“, sagt Christoph Gensler, überreicht mir ein Paddel zum Holz nachlegen und geht Essen holen. Bild oben: Tipis und Teich im Indianer Hotel in Poppenhausen Willkommen im Indianer Hotel mit Bauernladen 14 WANDERMAGAZIN Herbst 2019

Brot mal selber backen in der Erlebnisbäckerei © Nico Fay LAGERFEUER IM TIPI Er kehrt mit Spanferkel, Semmelklößen, Würstchen, Putenfleisch, einem Currydip, Kartoffelsalat, Gensler Brot und einem Bierapfelsaft zurück. Was er gerade so da hat. Wir sitzen vor dem Feuer, schmausen und erzählen von einem echten Medizinmann, Robert Standing Bear, der plötzlich vor seinen Tipis stand. Dem gefiel es so gut, dass er diesen September wiederkommt und eine indianische Friedenszeremonie im Indianer Hotel feiert. Christoph erzählt mir bis in die Nacht von seinen Erlebnisbackkursen, seinen Rhönkrachern, die bis nach Afrika verkauft werden, von den Feuerläufen mit seiner Schwester, der Schamanin: „Nach dem Feuerlauf, da ist der Weg frei“, da habe man keine Grenzen mehr. BIER UND KUCHEN Tags drauf muss ich mich vom Backenden Bären verabschieden und decke mich in seinem Hofladen noch mit Rhöner Spezialitäten ein. Denn das UNESCO-Biosphärenreservat hat auch eine besonders schmackhafte Seite und zeichnet mit einem eigenen „Qualitätssiegel Rhön“ vorbildliche Erzeuger aus. Sinn des Biosphärenreservats ist es eben auch, regionale Produkte und Traditionen zu pflegen. Die regionale Bierkultur pflegt die seit 1718 bestehende Familienbrauerei Strecks Brauhaus in Ostheim v. d. Rhön. In der zehnten Generation braut Axel Kochinki Bier. Mit viel Leidenschaft erklärt er mir seine Bierphilosophie vom fröhlichen Schluck. Am Beispiel eines Kuchens erläutert er mir den Unterschied von seinem handwerklich gebrauten Bier und dem der großen Brauereien. Wenn einem „die Mutter einen Kuchen backt, dann ist das was anderes als ein Kuchen aus dem Supermarkt.“ Wie die Mutter brauen Axel Kochinkis Braumeister mit den Sinnesorganen und „mit Gefühl und Erfahrung“. Axel zeigt mir wie bei offener Gärung das Bier entsteht. So kann von Hand feinster Staub von Getreide und Hopfen mit dem Schaum abgeschöpft werden und das Bier wird „rund und weich“. In der Nachgärung wird probiert und entschieden, ob das Bier soweit ist oder noch was braucht. „Auch Bier braucht seine Zeit“, gibt mir Axel mit auf den Weg. Brauen unter Hochdruck, das gehe nicht. Zum Abschied lädt er mich zum Hopfenzupffest am 21. September ein. In alter Tradition findet man sich zusammen, zupft gemeinsam das „grüne Gold“ und wenn der Sud kocht, wird gefeiert. Garten in Poppenhausen Axel Kochinki und seine Mitarbeiterin Katja Schulte vor dem kupfernen Braukessel www.wandermagazin.de 15