REGIOPANORAMA I BELGISCHE ARDENNEN Beste Aussicht ins Tal des Ninglinspo hat man vom Pavillon „Point de vue Druet“ © Michael Sänger wasser eine angenehmere Note zu verleihen. Die Bobelins dinierten anschließend in Restaurants, spekulierten in einem der beiden Kasinos (Redoute und Waux-Hall), vergnügten sich bei Spielen, Pferderennen und Gesprächen und lustwandelten allabendlich ab 19.00 Uhr durch den „Parc de Sept Heures“ von Pavillon zu Pavillon, um gesehen zu werden und die eigene Neugier zu befriedigen. Ich entdecke immerhin zwei in den nackten Fels gehauene Eiskeller, das Denkmal des Komponisten Meyerbeer sowie die abseits gelegene Quelle „Fontaine des Yeux“ und das sehenswerte Wäschemuseum. Bei 600 bis 1.200 Bobelins pro Sommersaison samt der vielköpfigen Entourage aus Dienern, Kutschern, Zofen und Sekretären kam eine Menge schmutziger Wäsche zusammen. Die Idee, aus diesem Anlass dem „Waschen der schmutzigen Wäsche“ ein Museum zu widmen, ist großartig. Das gilt auch für das Museum des Waldes und des Wassers im Haus des Waldes oben auf knapp 480 m Höhe an der Domaine de Berinzenne. Wanderweg am Wildbach Ninglinspo © FTPL, P. Fagnoul RAUSCHENDE WILDBÄCHE Wasser bestimmt auch die Region Spa insgesamt. Stadtnah laden rund 21 markierte Rundwanderwege zwischen 5 und 15 km Länge zum genussvollen Wandern ein. Ob von dem Doppelbrunnen der „Sauvenière“ und „Groesbeek“ durch das wildromantische Tal der Ruisseau de la Sauvenière, die Promenade des Artistes durch das Tal des Ruisseau du Pendu oder oben auf dem Dach von Spa durch die melancholische Landschaft des Fagne de Malchamps, einem von Moorseen, meterdicken Torfschichten mit Wollgrasbüschen und Torfmoospulten übersäten Hochmoor, Wasser spielt immer eine Rolle. Nicht weit von Spa entfernt, an der Pont de Belheid mit großem Wanderparkplatz im Tal der Hoëgne, ist der Startpunkt einer unglaublich schönen Wildbachtour. Das Bachbett der ca. 30 km langen Hoëgne, einem Zufluss der Weser, ist steineübersät. Der Fluss entspringt im Polleur-Venn in rund 660 m Höhe. Zwischen dem Pont de Belheid und dem Pont du Centenaire (Jahrhundertbrücke) begibt sich das bernsteinfarbene, klare und reine Wasser auf eine atemberaubende Sturzfahrt. Gewaltige, rundgeschliffene Gesteinsbrocken liegen im Bachbett, über Kaskadenstufen gischtet das Wasser bergab. Links und rechts säumen mal monumental große Buchen, mal mächtige Rotfichten das Ufer. Mal links, mal rechts schwingt sich das Flüsschen durch Schiefergestein und schäumt bei jedem Hindernis, denn das aus den Torfmooren stammende, saure und vollkommen reine Wasser enthält pflanzliche Saponine und ungesättigte Fettsäuren, die in Strudeln weißen Schaum ausbilden. Immer höher steigt der Pfad, mal links, mal rechts der Hoëgne, turnt über Holzstege und kleine Brücken bis zur Jahrhundertbrücke am Fuße des Venns. Diese Brücke wurde 1930, also 100 Jahre nach der Gründung des Königreichs Belgien, erbaut und führt zur ehemaligen Bahnstation Jalhay Wald, wo die Bahntrasse heute von dem Radweg (Ravel 44) genutzt wird. WILDER, QUICKLEBENDIGER NINGLINSPO In 308 m Höhe, im Fagne Porallée, entsteht der Ninglinspo aus dem Zusammenfluss von zwei Vennbächen, der Hornay und der Pierre blanche. Was dieser Wildbach auf 130 Höhenmetern durch das Schiefergestein vollführt, durchsetzt mit rötlich schimmerndem Limonit, ist sensationell. Schon der Einstieg in Sedoz an der schlingen- 12 WANDERMAGAZIN Winter 2020/2021
eichen Amblève in der Nähe der weltbekannten Grotten von Remouchamps ist ein Wandergedicht mit seinen Tropfsteinsälen und der sagenhaften Bootsfahrt auf einem Höhlenfluss. Unter dichtem Blätterbach kann man das noch breite und mit flachen Steinen übersäte Bachbett nach links und rechts queren. Dann wird das Tal rasch enger und der mit blauem Rechteck markierte Wanderweg steigt steil an. Unten gurgelt das Wasser. Dieser Wildbach bietet Einzigartiges für die Ohren, mal gurgelt, mal säuselt und raunt er, um dann wieder zu plätschern, zu wimmern und zu brausen. Für die Augen und Füße bietet der schmale, oft mit Fixierseilen gesicherte Traumpfad faszinierende Momente. Mal wähne ich mich in einer Schlangengrube, derart winden sich fingerdünne und armdicke Wurzeln über den Weg, mal steige ich über Steine so groß wie Kleinfahrzeuge. Es wirkt zuweilen, als hätten sich zwei Riesen im Wettstreit befunden und einander mit schiefergrauen Steinen beworfen. Ich quere den Bach über schmale Stege und Brücken, steige über Holzstufen, um sogleich faszinierende Kaskaden oder kleine Wasserfälle zu bestaunen. Was für ein grandioser Weg. Für eine kurze Variante kann man sich der Markierung mit dem gelben Rechteck anvertrauen. Die blaue Markierung führt von dem Punkt „La Porallée“ rechts ab über den traumhaft schönen Aussichtspunkt „Point de vue Druet“ in drei bis vier Stunden zurück nach Sedoz. Es ist ein Land wie geschaffen fürs Wandern … (ms) BURG REINHARDSTEIN Im Hohen Venn trafen einst die Herrschaftsgebiete der Herzöge von Luxemburg und des Bischofs von Lüttich zusammen. Zur strategischen Sicherung baute Reinhardt aus Weismes im Auftrag seines luxemburgischen Herzogs die Höhenburg im 14. Jh. auf einem Felssporn über der Warche. Die 40 km lange Warche entspringt im Hohen Venn und beginnt, nachdem sie die Bütgenbacher und Robertviller Talsperre speist, ihren rasanten Ritt hinunter nach Malmedy. Gleich unterhalb der stolzen Feste stürzt sie sich spektakulär 60 m in die Tiefe. Kein Wunder, dass sich um die Dreiecksburg mit drei Türmen zwischen Warche, Talsperren und Hohem Venn interessante Wanderwege, ob Fernwanderwege (GR 14 oder GR 56V) oder Rundwanderwege, ein Stelldichein geben. Die Burg gehörte u. a. nahezu 300 Jahre den Fürsten von Metternich und wurde ab 1969 wieder nach alten Vorlagen originalgetreu von Prof. Jean Overloop aufgebaut. Die knapp 75-minütige Führung durch die Anlage und ihre Räumlichkeiten ist spannend und empfehlenswert. (ms) Info zu Öffnungszeiten, Führungen, Eintrittspreise und besonderen Veranstaltungen etc. www.reinhardstein.net Burg Reinhardstein © ostbelgien.eu, Dominik Ketz Peter der Große war vielleicht der berühmteste Kurgast von Spa. Die Statue steht vor dem gleichnamigen Brunnen im Zentrum der Stadt. © Michael Sänger Burg Reinhardstein © WBT, Denis Erroyaux www.wandermagazin.de 13
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