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Ruhrgebiet – Wandermagazin 200

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Ruhrgebiet: Route der Industriekultur. Autorin Eva Hakes spürt dem Wandel des Ruhrgebiets nach – sie fand die Wiege des Bergbaus, Zeugnisse des Wandels und Kunst auf der Halde – persönliche Begegnungen mit Vertretern der Region inklusive.

REGIOPANORAMA RUHRGEBIET

REGIOPANORAMA RUHRGEBIET SCHWÄBISCHE ALB UND EWIG LOCKT DER POTT … Das „Mundloch“ Eingang der Zeche Jupiter Der nur zufällig anwesende Forstbeamte ist der einzige, dem die Gefahr bewusst ist: „Passen Sie bloß auf, da hinten nistet ein Uhupärchen! Wenn die die Drohne sehen, werden sie sie attackieren, und das war’s dann mit ihrem Gerät!“ Der Fotograf kommt ein wenig ins Schwitzen. Er ist im Revier groß geworden und hat Halden, Zechen und Fördertürme schon aus allen nur erdenklichen Perspektiven in Szene gesetzt. „Die Gefahr, bei der Arbeit nistende Greifvögel aufzuschrecken und von ihnen angegriffen zu werden, ist jetzt für mich auch mal was Neues“, sagt er. Das Ruhrgebiet, so viel ist sicher, hält einige Überraschungen für uns bereit. Die Aufnahme muss aber trotzdem noch schnell her. Hier, an der Steilwand des Hettbergs, liegt nämlich alles auf dem fotografischen Präsentierteller, was das Leben in der Region geprägt hat: Der Eingang zum Stollen der Zeche Nachtigall, der Ruhrsandstein, aus dem die Gebäude der Zeche erbaut wurden, der Schieferton, welcher der später hier ansässigen Ziegelei das Rohmaterial lieferte. Zwischen Ruhrsandstein und Schieferkalk verläuft eine relativ schmale und doch deutlich sichtbare schwarze Linie. Das Kohleflöz ist verantwortlich für den Wandel eines von Wald und Köttern geprägten Landstrichs in die Pionierregion des Kohlebergbaus im Ruhrgebiet. DIE WIEGE DES RUHRBERGBAUS Bereits seit 1714 ist Kohleförderung auf Zeche Nachtigall dokumentiert, der Ort gilt als „Wiege des Ruhrbergbaus“. Der Bergbauhistorische Wanderweg Muttental, auf dem wir hier unterwegs sind, gibt uns Einblicke in die geologischen und landschaftlichen Bedingungen, die den Kohleabbau zu diesem frühen Zeitpunkt ermöglichten. Er führt zu alten Stollen, Bild oben: Zeche Nachtigall mit Schornstein und Öfen der Ziegelei. Zu Zechenzeiten stand hier der Schacht Hercules, den Besucher dort noch anschauen können. Im Vordergrund das Modell der einstigen Ruhrschiffe. 10 WANDERMAGAZIN Herbst 2018 www.wandermagazin.de

historischen Bergbaugeräten und gibt stellenweise den Blick auf die Gleise der 6 km langen Muttentalbahn frei, deren mit Kohle gefüllten Waggons noch von Pferden gezogen wurden. Vor allem aber führt der Weg durch eine idyllisch anmutende Wiesen- und Waldlandschaft. Doris Eger Stadtmarketing Witten © Eva Hakes „Für Kinder gibt es bei geführten Wanderungen auf dem Bergbauhistorischen Wanderweg viel zu erleben, zum Beispiel einen kleinen „Schmiede-Workshop“ im ehemaligen Bethaus oder echte „Bergmannsarbeit“ an einer alten Haspelanlage, einer Zugwinde mit der die Kohle aus dem Schacht ans Tageslicht befördert wurde.“ VON PINGEN UND GLÜHENDEN STEINEN „Schon lange bevor man begann, Stollen in die Erde zu treiben und den Kohleabbau in Zechen zu professionalisieren, hatten die Bauern des Muttentals entdeckt, dass es am Hettberg „schwarze Steine“ gab, die brannten und viele Stunden länger nachglühten als Holz. Sie Gruben Löcher in die Erde, um mehr von diesen Steinen zu finden, mit denen sie im Winter ihre Häuser heizen konnten. Diese Löcher nannte man Pingen und sie sind die ersten Zeugnisse des Kohleabbaus in der Gegend“, erklärt Doris Eger. Sie führt mit Vorliebe Kinder über den Bergbauhistorischen Wanderweg. Für die gibt es hier eine Menge zu erleben. Vom Schmiede-Workshop im Bethaus, über Draisinenfahren im historischen Gerätepark bis zum eigenständigen Buddeln nach Kohle langweilig wird es hier sicher nicht. BEI BLAUER FLAMME, LAUF’ UM DEIN LEBEN! Eine Führung durch das Besucherbergwerk im Industriemuseum der Zeche Nachtigall bietet auch für Erwachsene einen Hauch von Abenteuer. Der einzige für Besucher zugängliche Stollen des gesamten Ruhrgebietes ist dunkel und niedrig. Ohne die hier und dort schimmernden Laternen und die Warnhinweise unseres Führers Klaus Schneeloch, würden wir uns vermutlich mehr als einmal die Köpfe stoßen. Die Bergleute früherer Tage waren hingegen daran gewöhnt, sich in der Dunkelheit zurechtzufinden. Erst um 1820 waren sie mit sogenannten Davy-Lampen ausgerüstet, die nicht nur Lichtquelle, sondern auch Warnsensor für die hochexplosiven Gase waren, die sich in Kohlebergwerken oft bilden. „Wenn die Flamme plötzlich bläulich in die Höhe schoss, war es Zeit, das Weite zu suchen, so schnell man konnte.“, erklärt Klaus Schneeloch und fügt hinzu: „Neben den Explosionen, waren Ersticken durch Sauerstoffmangel, Steinschläge und Stolleneinbrüche häufige Todesursachen. Um letztere zu vermeiden, wurden die Stollen im Muttental mit Hilfe Eingang zum Stollen Stettin Bild oben: Eisenbahnwaggon mit Holz zum Abstützen des Stollens, die Schienen führen in den Besucherstollen. www.wandermagazin.de 11